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Eine Minderheit auf der Flucht

Exodus aus Myanmar

Bangladesch beherbergt zurzeit über eine Million Rohingyas. Sie flohen vor der Gewalt in ihren Herkunftsdörfern in Myanmar. Etwa 900'000 dieser Flüchtlinge leben im Distrikt Cox’s Bazar im Süden von Bangladesch in überfüllten Lagern und unter prekären Bedingungen. Diese Situation stellt das Aufnahmeland wie auch alle beteiligten humanitären Akteure vor grosse Herausforderungen.

Myanmar

Die muslimische Minderheit der Rohingyas ist seit Ende 2017 die viertgrösste Flüchtlingsgruppe der Welt. Insgesamt sind über die Jahre schätzungsweise 1,2 Millionen Rohingyas über die Grenzen von Myanmar in die Nachbarländer geflohen. Bangladesch nahm seit seiner Unabhängigkeit in den 1970er und 1990er Jahren wiederholt Rohingya-Flüchtlinge auf. Der jüngste Exodus von über 700'000 Rohingyas nach Bangladesch, der im August 2017 begann, ist jedoch die grösste je erfolgte Fluchtwelle. Der Grund dafür waren erneute Gewaltausbrüche in Rakhine, welcher als ärmster Gliedstaat Myanmars gilt. Alle Gemeinschaften, sowohl die buddhistische Mehrheit, als auch die muslimischen und hinduistischen Minderheiten sind von dieser Armut betroffen. Die Rohingyas als die grösste muslimische Minderheit ist jedoch besonders verletzlich, da sie keinen Zugang zur myanmarischen Staatsangehörigkeit haben und dadurch staatenlos sind. Aus diesem Grund sind grundlegendste Rechte wie die Bewegungsfreiheit und damit auch der Zugang zu Bildung, Gesundheit oder die Sicherung der Lebensgrundlagen, eingeschränkt. Rohingyas sind in Myanmar jedoch nicht nur Diskriminierung, sondern häufig auch physischer und psychischer, einschliesslich sexueller Gewalt, ausgesetzt.

Weltweit gibt es gemäss UNHCR über 10 Millionen staatenlose Menschen. Staatenlose haben oft keinen Zugang zu Schulbildung, zu medizinischer Versorgung oder zum Arbeitsmarkt. Sie können kein Bankkonto eröffnen und häufig auch nicht heiraten. Staatenlosigkeit hat verschiedene Gründe. Zum Beispiel die Diskriminierung bestimmter Volksgruppen, die Neudefinition von Landesgrenzen oder Lücken in Staatsangehörigkeitsgesetzen.

Cox’s Bazar

In Bangladesch leben die Rohingyas hauptsächlich in Flüchtlingslagern. Die Lebensbedingungen sind prekär, da der Raum, der den Menschen zur Verfügung steht, stark eingeschränkt ist. Im grössten Flüchtlingslager leben 623'000 Menschen. Das sind 1,5-mal so viele Bewohner wie in Zürich, der grössten Stadt der Schweiz. Dieses so genannte «Mega-Camp» bildet nun Bangladeschs viertgrösste Stadt. Da die Regierung von Bangladesch für die Lager nur sehr limitiert Land zur Verfügung stellen konnte, stehen in den engsten Abschnitten dieses Camps nur acht Quadratmeter pro Person zur Verfügung – 45 Quadratmeter wäre laut UNHCR der internationale Standard für solche Camps. An einigen Orten können aus Platzmangel keine Strassen gebaut werden, was wiederum die Verteilung von Hilfsgütern und den Zugang für Rettungsdienste sehr erschwert. Diese engen Lebensbedingungen erhöhen auch das Risiko für Krankheitsausbrüche und Epidemien. Zusätzlich ist das Gebiet von Cox’s Bazar stark von Naturgefahren wie Wirbelstürmen und durch den Monsun hervorgerufenen Erdrutsche und Überschwemmungen bedroht. Ein Umstand, der durch die starke Abholzung der Lagergebiete, hervorgerufen durch den Feuerholzbedarf der Flüchtlinge, verstärkt wird.

Internationales Engagement

Die prekäre Situation in Bangladesch seit den Gewaltausbrüchen im Jahr 2017 bewegte verschiedene internationale Akteure, darunter auch die Schweiz, die UN-Flüchtlingsorganisation UNHCR und die Internationale Organisation für Migration IOM dazu, humanitäre Hilfe zur Verfügung zu stellen.

Das internationale Engagement ist sehr breit ausgelegt. Während den ersten Monaten der Krise lag der Fokus auf lebensrettenden Hilfsgütern – darunter Decken, Plastikplanen, Matratzen, Familienzelte sowie Kochsets. Der humanitäre Einsatz umfasst aber auch den Ausbau der bestehenden Flüchtlingslager um die Sicherheit und die Lebensbedingungen der Rohingya-Flüchtlinge zu verbessern – insbesondere um die Hochwasser- und Erdrutschgefahr während der Monsunzeit (von Juni bis September) zu vermindern. Der Zugang zu sauberem Trinkwasser und die Unterstützung der lokalen Krankenhäuser stellen weitere wichtige Prioritäten dar. Seit dem Beginn der Krise wurden Tausende Latrinen und Wasserstellen gebaut und die Aufnahmekapazität verschiedener Spitäler vergrössert, was zu einer Reduzierung der Gesundheitsrisiken wie akuten Durchfall geführt hat.

In wie weit sich die Krise in nächster Zeit entschärfen wird, ist schwierig abzuschätzen. Politische Krisen können nicht mit humanitärer Hilfe gelöst werden. Dazu braucht es den politischen Willen von allen Beteiligten.

Mehr zum Engagement von UNHCR :
https://www.unhcr.org/dach/ch-de/ueber-uns/wo-wir-taetig-sind/asien-und-pazifikregion/rohingya-nothilfeeinsatz

Mehr zum Engagement der Schweiz: https://www.eda.admin.ch/deza/de/home/themen/gesundheit.html/content/dezaprojects/SDC/de/2017/7F09945/phase2?oldPagePath=/content/deza/de/home/themen/gesundheit.html