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Ukraine, Sondermission

Am 9. August hat das Staatssekretariat für Migration (SEM) bei der Evakuierung von 36 Kindern aus dem Waisenhaus Mariupol, das im Krieg vollständig zerstört wurde, mitgeholfen.

Die Kinder warteten zusammen mit ihren ukrainischen Betreuerinnen und Betreuern am Flughafen Krakau in Polen. Am Tag zuvor waren sie aus dem in der Südukraine gelegenen Lwiw, wo sie vorübergehend untergebracht waren, angereist. Für diese kleinen Kinder, die zwischen einigen Monaten und sechs Jahre alt sind, war die mehr als zehnstündige Reise sehr anstrengend. Einige von ihnen sind Waisen, andere kamen ins Waisenhaus, weil ihre Eltern sich nicht mehr um sie kümmern konnten.

Diese Evakuierung war kein leichtes Unterfangen. Sie erforderte eine wochenlange Organisation, den unermüdlichen Einsatz von Freiwilligen und die Mitwirkung der Behörden des Bundes und der Kantone. Während der Transport durch grosszügige Spenden finanziert wurde, erfolgte die Evakuierung selber auf Ersuchen der ukrainischen Regierung. Dieses gelangte über die ukrainische Botschaft in Bern an das Staatssekretariat für Migration (SEM). Wir haben die Koordination mit den zuständigen Behörden übernommen um sicherzustellen, dass die Einreise der Kinder und ihre Unterbringung im Kanton Waadt vorschriftsgemäss verläuft. So konnten wir uns auch vergewissern, dass die von einem kollektiven Elan geprägte Mission erfolgreich durchgeführt wird.

Ein Tag voller Emotionen

Am frühen Nachmittag hebt der eigens für diese Mission gecharterte Airbus der Swiss vom Flughafen Genf-Cointrin ab. An Bord befinden sich rund 30 Passagiere. Dazu gehören namentlich Vertreterinnen und Vertreter der Internationalen Organisation für Migration (IOM), die den Flug organisiert haben, ein Dutzend junger Erzieherinnen und Erzieher, die die Kinder während ihres Aufenthalts im Kanton Waadt betreuen werden, und ein Vertreter der kantonalen Kindesschutzbehörde. Alle freuen sich auf die Kinder, aber auch eine gewisse Nervosität ist spürbar.

Die zwei Stunden am Flughafen Krakau erweisen sich nicht als zu lang bemessen. Die Kinder müssen abgeholt, durch die Sicherheitskontrolle geführt und im Flugzeug für den Abflug bereitgemacht werden. Alle Erwachsenen helfen mit. Sie kümmern sich um die Kleinen und beruhigen sie, wenn nötig. Trotz des fröhlichen Chaos, in dem manchmal auch Kinderschreie zu hören sind, verläuft die Reise problemlos. Dies ist auch den mitgebrachten Sandwiches und Schokoladekeksen zu verdanken (für die Putzequipe tut es mir natürlich leid). Das Flugzeug landet pünktlich in Genf-Cointrin. Hier wartet bereits ein Bus auf die Kinder, um sie an ihr endgültiges Ziel zu bringen.

Endlich sind sie in der grünen Landschaft des Kantons Waadt angekommen, wo sie zur Ruhe kommen können. In nur wenigen Wochen ist es dem Kanton gelungen, ein ehemaliges Pflegeheim in einen kinderfreundlichen Ort mit Spielzimmern und kindgerechten Möbeln zu verwandeln. Die Kinder erhalten noch etwas zu essen, bevor es Zeit zum Schlafen ist. Die meisten sind von Müdigkeit und Emotionen überwältigt. Einige weinen und möchten sich gar nicht mehr aus den wiegenden Armen der mitfühlenden Erwachsenen lösen. Vorerst haben sie einen Zufluchtsort gefunden. Wie lange werden sie bleiben? Das kann leider niemand sagen.

Autorin: Anne Césard